Der Klimawandel hat nicht nur gravierende physische Auswirkungen auf Mensch und Umwelt, sondern kann auch die psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigen. So können Extremwetterereignisse posttraumatische Belastungsstörungen auslösen, während Sorgen um die Lebensgrundlagen Zukunftsängste und Depressionen hervorrufen können. Eine aktuelle Studie des Umweltbundesamtes (UBA), die vom Bundesumweltministerium gefördert wird, zeigt: Mehr als die Hälfte der Befragten fühlt sich mental stark oder sehr stark durch den Klimawandel belastet. Der UBA-Ratgeber für mentale Gesundheit im Klimawandel bietet hierfür unterstützende Hilfestellungen an.

„Um den ⁠Klimawandel⁠ einzudämmen, braucht es handlungsfähige Menschen mit einer widerstandsfähigen Psyche. Deshalb müssen wir die Menschen darin unterstützen, nicht nur die physischen, sondern auch die mentalen Folgen des Klimawandels zu erkennen und zu bewältigen“, sagt Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes. „Mit dem Abschluss unseres aktuellen Forschungsprojekts ist es uns gelungen, Daten in einem bisher noch unterrepräsentierten, aber zunehmend wichtigen Themenfeld in Deutschland zu erheben.“

In Deutschland empfinden viele Menschen psychische Belastungen infolge des Klimawandels und seiner Folgen. Bisher fehlen jedoch umfassende und verlässliche Daten, insbesondere zu möglichen Risikogruppen, dem Ausmaß der psychischen Beeinträchtigungen sowie zu Strategien zur Stärkung der psychischen Widerstandskraft. Das vom Umweltbundesamt initiierte Forschungsvorhaben „Die mentalen Auswirkungen des Klimawandels und die Bereitschaft zur Anpassung“ liefert nun erste Erkenntnisse zu diesen zentralen Fragestellungen.

Im Rahmen des in den letzten drei Jahren durchgeführten Projekts wurden unter anderem Expert*innen aus Psychologie und Psychotherapie interviewt sowie eine repräsentative Online-Befragung mit 1.300 Personen ab 18 Jahren durchgeführt. Ein zentrales Ergebnis zeigt, dass 53 Prozent der Befragten angeben, sich mental stark oder sehr stark durch den Klimawandel belastet zu fühlen.

Um die psychische Widerstandskraft zu stärken und negativen Gefühlen im Zusammenhang mit dem Klimawandel entgegenzuwirken, gibt es grundsätzlich vielfältige Möglichkeiten. Dazu zählen etwa ein achtsamer Umgang mit den eigenen Emotionen oder ein wertschätzender Austausch mit anderen. Das Forschungsvorhaben zeigt jedoch, dass es besonders wirkungsvoll sein kann, sich gemeinsam mit anderen aktiv für konsequenten Klimaschutz einzusetzen. Dadurch erfahren Betroffene nicht nur, dass sie mit ihrem eigenen Handeln Veränderungen bewirken können, sondern tragen zugleich dazu bei, die Ursache der psychischen Belastung – den Klimawandel – einzudämmen.

Die Ergebnisse der Untersuchungen, insbesondere zur Stärkung der psychischen Gesundheit, sind im „Ratgeber für mentale Gesundheit im Klimawandel“ zusammengefasst. Dieser richtet sich an Betroffene sowie an Interessierte und bietet neben allgemeinen Informationen verschiedene Ansätze, um auf gesunde Weise mit den psychischen Belastungen durch den Klimawandel umzugehen.

Obwohl sich der Ratgeber speziell auf die psychische Belastung durch den Klimawandel konzentriert, sind viele der vorgestellten Strategien auch auf andere belastende oder herausfordernde Lebenssituationen übertragbar.

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Ratgeber für mentale Gesundheit im Klimawandel lesen


Zur Pressemitteilung: https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/klimawandel-als-psychische-belastung

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„Wie wirken sich Hitzewellen auf die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland aus?“ – diese Fragestellung stand im Mittelpunkt der Veranstaltung „Gesundheitsforschung meets Wetterdaten“, die am Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin stattfand. Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, medizinischer Versorgung und dem öffentlichen Gesundheitsdienst kamen dort zusammen. Organisiert wurde das Fachtreffen von den Projektpartnern Universitätsmedizin Magdeburg und Robert Koch-Institut im Rahmen des Innovationsfondsprojekts KlimaNOT sowie in Kooperation mit dem Wissenschaftsnetzwerk Klimawandel und Gesundheit (KLIG-Net) am RKI. Ziel der Veranstaltung war es, den interdisziplinären Austausch zu fördern und neue Impulse für die Verknüpfung von Gesundheits- und Umweltdaten zu geben.

Gesundheitsforschung trifft Wetterdaten

Das Projekt KlimaNOT, vertreten durch Dr. Kai Heimrath und Prof. Dr. Felix Walcher, Leiter des Instituts für Public Health in der Akutmedizin (IPHAM) am Universitätsklinikum Magdeburg, war Veranstalter des Fachtreffens und präsentierte im Rahmen der Veranstaltung seine laufenden Arbeiten. Im Mittelpunkt des Konsortialprojekts steht die Frage, wie extreme Wetterereignisse – insbesondere Hitze – die Notaufnahmen in Deutschland belasten. Grundlage der Untersuchungen sind Routinedaten aus dem AKTIN-Notaufnahmeregister, die mit Wetter- und Umweltdaten verknüpft werden. Ziel ist es, daraus fundierte Erkenntnisse für die Entwicklung von Frühwarnsystemen, die Public-Health-Überwachung sowie für praxisorientierte Handlungsempfehlungen abzuleiten.

Interdisziplinärer Austausch im historischen Hörsaal

Am Robert Koch-Institut wurden im Rahmen der Veranstaltung zahlreiche wissenschaftliche Ansätze vorgestellt – unter anderem zur Analyse von hitzebedingter Sterblichkeit und Morbidität. Die Beiträge machten deutlich, wie vielfältig die Methoden zur Verknüpfung von Gesundheits- und Umweltdaten sowie zur Modellierung klimabedingter Gesundheitsrisiken sein können. Im Fokus stand insbesondere die Frage, welche Bevölkerungsgruppen besonders vulnerabel sind und wie sich auf dieser Basis gezielte Schutzmaßnahmen entwickeln und umsetzen lassen.

Darüber hinaus setzten sich die Teilnehmenden mit methodischen Herausforderungen auseinander – etwa mit der Auswahl geeigneter Temperaturdaten oder der Definition klimatischer Einflussfaktoren. Ein weiterer zentraler Punkt der Diskussion war die Notwendigkeit einer Standardisierung von Datenquellen und Analysemethoden. Diese wurde als wesentliche Grundlage für eine vergleichbare, belastbare und praxisrelevante Forschung hervorgehoben.

Gemeinsam gegen Gesundheitsrisiken im Klimawandel

Das Vernetzungstreffen machte deutlich: Eine evidenzbasierte Gesundheitsversorgung im Kontext des Klimawandels erfordert eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit sowie die Entwicklung und Anwendung einheitlicher Standards. Die Veranstaltung setzte wichtige Impulse für den weiteren Ausbau der Forschung und die stärkere Vernetzung zentraler Akteure aus Gesundheitswesen, Wissenschaft und Umweltforschung. „Die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels betreffen uns alle – aber insbesondere vulnerable Gruppen wie ältere Menschen oder Patientinnen und Patienten mit chronischen Erkrankungen. Um rechtzeitig reagieren zu können, brauchen wir belastbare Daten, intelligente Vorhersagemodelle und vor allem: den engen Schulterschluss zwischen Wissenschaft, Gesundheitswesen und öffentlichem Dienst“, so Prof. Dr. Felix Walcher.


Zur Pressemitteilung: https://www.med.ovgu.de/Presse/Presse/Pressemitteilungen/RKI+Klimawandel+trifft+Gesundheitsversorgung_+Fachleute+diskutieren+Wetter_+und+Gesundheitsdaten+am+RKI-p-46208.html

Foto: Teilnehmende der Fachveranstaltung „Gesundheitsforschung meets Wetterdaten“ am Robert Koch-Institut in Berlin. Expertinnen und Experten aus Forschung, Versorgung und öffentlichem Gesundheitsdienst diskutierten die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheitsversorgung.
Fotografin: Madlen Schranz, RKI, Berlin

Forschende des Fraunhofer ISI haben im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) praxisbezogene Leitfäden entwickelt, die Mitarbeitenden ambulanter Gesundheitseinrichtungen wie Arztpraxen, Apotheken oder Pflegediensten konkrete Hilfestellungen bei der Umsetzung nachhaltiger Maßnahmen geben. Auf einer gemeinsam ausgerichteten Fachkonferenz und Netzwerkveranstaltung des Fraunhofer ISI und des BMG wurden nun Ergebnisse des Projekts »Ökologische Nachhaltigkeit im ambulanten Gesundheitswesen (ÖNaG)« sowie anderer Forschungsprojekte zum ambulanten Gesundheitssektor vorgestellt, um Wissenschaft, Versorgung und Administration besser miteinander zu vernetzen.

Der Gesundheitssektor trägt maßgeblich zum Ressourcenverbrauch und zur Entstehung klimaschädlicher Emissionen bei – auch im ambulanten Bereich. In diesem Kontext drehte sich im Projekt »Ökologische Nachhaltigkeit im ambulanten Gesundheitswesen (ÖNaG)« alles um die Frage, wie ambulante Einrichtungen durch entsprechende und idealerweise leicht umzusetzende Maßnahmen einen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit leisten können. Bisher lag der Fokus hier stark auf dem stationären Gesundheitssektor.

Mit der Konferenz und Netzwerkveranstaltung wurde das Thema noch breiter adressiert, indem Vertreter:innen aus Versorgung, Forschung und Administration zusammenkamen, um sich zu aktuellen Forschungsergebnissen und nächsten notwendigen Schritten auszutauschen. Auf der Konferenz beleuchteten zunächst Prof. Dr. Claudia Hornberg (Universität Bielefeld) sowie Prof. Dr. Eva Kantelhardt und Dr. Nikolaus Mezger (Universität Halle) in ihren Impulsvorträgen die generellen Perspektiven für mehr Nachhaltigkeit im ambulanten Gesundheitswesen sowie Aspekte der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes in der ärztlichen Praxis. Dabei zeigten sie eindrücklich die vielfältigen Ansatzmöglichkeiten für mehr Nachhaltigkeit und viele Verbesserungspotenziale auf, die im ambulanten Sektor bestehen.

Leitfäden für die Praxis

Im Mittelpunkt des Projekts und der Konferenz standen besonders die im Rahmen des ÖNaG-Projekts entwickelten Leitfäden, die auf die besonderen Anforderungen ambulanter Einrichtungen zugeschnitten sind und nun auf der Konferenz vorgestellt wurden. Die Leitfäden richten sich explizit an Mitarbeitende ärztlicher und zahnärztlicher Praxen, Apotheken, der ambulanten Pflege, therapeutischer Praxen sowie Hebammen und zeichnen sich durch einen niedrigschwelligen und praxisnahen Zugang aus. Neben Hintergrundinformationen zu Umweltwirkungen und gesetzlichen Rahmenbedingungen enthält jeder Leitfaden konkrete Empfehlungen für umsetzbare Maßnahmen – etwa in den Bereichen Abfallmanagement, Energieeffizienz, nachhaltige Beschaffung, Digitalisierung, nachhaltige Mobilität und Kommunikation. Checklisten, Praxisbeispiele und zahlreiche weiterführende Informationen runden die Leitfäden ab.

»Viele Mitarbeitende möchten den ökologischen Fußabdruck ihrer ambulanten Gesundheitseinrichtung reduzieren, wissen aber nicht recht, wo sie beginnen sollen«, erläutert Dr. Tanja Bratan, Leiterin des Geschäftsfelds Innovationen im Gesundheitssystem am Fraunhofer ISI und Leiterin des ÖNaG-Projekts. »Mit den Leitfäden wollen wir sie motivieren, erste Schritte zu gehen und aufklären, dass Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit nicht unbedingt mit hohen Kosten einhergehen müssen und oft auch relativ leicht einzuführen sind. Manchmal genügen schon kleinere Veränderungen, um eine nachhaltige Wirkung zu erzielen.«

Enge Einbindung der Praxis

Die Leitfäden basieren nicht nur auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, sondern wurden auch unter enger Einbindung der Praxis entwickelt: Verschiedene Expert:innen der jeweiligen Berufsgruppen waren aktiv in die Entwicklung der jeweiligen Leitfäden eingebunden, um sicherzustellen, dass die Empfehlungen realitätsnah und umsetzbar sind – auch angesichts begrenzter Zeit- und Personalressourcen in vielen Einrichtungen. Dies wurde auch auf der Konferenz deutlich, bei der Dr. Christof Wettach vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte und Ingo Böing vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe in ihren Vorträgen konkrete Einblicke in die praktischen Umsetzungsmöglichkeiten für Nachhaltigkeitsmaßnahmen in ärztlichen Praxen und der ambulanten Pflege gaben.

Timm Paulus, Leiter des Referats »Umweltbezogener Gesundheitsschutz, Klima und Gesundheit« beim BMG, betont die strategische Relevanz des Projekts: »Das Projekt leistet einen wichtigen Beitrag, um das ambulante Gesundheitswesen nachhaltiger zu machen. Die entwickelten Leitfäden zeigen, wie Nachhaltigkeit und Klimaschutz konkret und aufwandsarm im Praxis- und Berufsalltag mit klarem Nutzen für Einrichtungen und Gesellschaft gelingen kann. Klimawandel und Umweltschutz sind längst auch Gesundheitsthemen – und eine nachhaltige Gesundheitsversorgung ist Teil der Lösung.« Dafür sei es wichtig, Wissenschaft und Forschung mit den Akteur:innen im Gesundheitswesen, die sich zum Beispiel im Klimapakt Gesundheit für Klimaschutz und Nachhaltigkeit engagieren, zu vernetzen.

Neben der inhaltlichen Ausgestaltung der Leitfäden liefert das Projekt auch Handlungsempfehlungen, etwa zu Anreizsystemen, Förderstrukturen und Kooperationsplattformen, die künftig eine systematische Verankerung von Nachhaltigkeit im ambulanten Sektor ermöglichen soll. Die Frage, wie eine ökologisch nachhaltige und klimafreundliche ambulante Versorgung noch besser unterstützt werden kann, welche Handlungsbedarfe bestehen und welche Rahmenbedingungen es dafür braucht, wurde auch bei der Konferenz und Netzwerkveranstaltung diskutiert – und darüber hinaus über die Impulse, die für das Gesundheitswesen insgesamt abgeleitet werden können.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Tanja Bratan
Leiterin des Geschäftsfelds Innovationen im Gesundheitssystem
Telefon +49 721 6809-182
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Zur Pressemitteilung: https://www.isi.fraunhofer.de/de/presse/2025/presseinfo-10-nachhaltigkeit-im-ambulanten-gesundheitswesen.html 

Foto: Dr. Anne Hübner, Prof. Eva Kantelhardt, Sarah Fliesgen, Ingo Böing, Dr. Christof Wettach, Claudia Schlüfter, Sabine Huck, Diana Schneider, Falko Drews und Timm Paulus (von links) auf der Konferenz stellten gemeinsam die Ergebnisse des Projekt ÖNaG vor. © Enrico Buschek