Expertenstandards in der Pflege
Eine Gebrauchsanleitung

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Schmidt, Simone

)

Springer, Heidelberg, 2009, 207 S., 34 Abb., Softcover, 24,95 €, ISBN 978-3-642-01322-5

Rezension von:

Martin Lysser


In Deutschland sind Expertenstandards in der Pflege seit einer „Qualitäts-offensive“, beschlossen an einer Gesundheitsministerkonferenz im Jahre 1999, ein Thema. Die „Gewährleistung einer systematischen Weiterentwicklung der Qualität im Gesundheitswesen“ bildete die Grundlage für die Entwicklung von Pflegestandards durch Pflegeexpertinnen und -experten. Die bisherigen 7 Standards sind Dekubitusprophylaxe, Entlassungsmanagement, Schmerzmanagement, Sturzprophylaxe, Förderung der Harnkontinenz, Pflege von Menschen mit chronischen Wunden und Ernährungsmanagement. Im Buch wird darauf hingewiesen, dass die Expertenstandards so etwas wie antizipierte, also vorweggenommene rechtliche Gutachten darstellen, die bei Rechtsfällen von Juristen zur Beurteilung herangezogen werden können.

2008 hat das Bundesministerium für Gesundheit, BMG im Rahmen der „Pflegereform 2008“ die künftigen Pflegestandards für ganz Deutschland für verbindlich erklärt. Allerdings ist dabei auch das Deutsche Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege etwas ins Abseits geraten, und es bleibt abzuwarten, ob die angekündigten weiteren Nationalen Expertenstandards Schmerzmanagement bei chronisch nicht-malignen Schmerzen, Pflege von demenziell Erkrankten und Medikamentenmanagement auf den angekündigten Zeitpunkt erscheinen.

Doch braucht es eine Gebrauchsanleitung für Expertenstandards? Die Expertenstandards sind sehr umfassend recherchiert und beschrieben. Nun könnten die Pflegenden diese doch einfach in ihren Alltag übernehmen. Doch Schmidt weist darauf hin, dass es je nach Einrichtung etliche Anpassungen und Vorbereitungen braucht, bis die aus den Expertenstandards gewonnen Einsichten und Anleitungen auch im Praxisalltag umgesetzt werden können. Denn letztlich geht es um „den Transfer von wissenschaftlich überprüften Erkenntnissen in die Pflegepraxis“. Schmidt zeigt in ihrem Buch auf, dass es vor allem um Beratung und Dokumentation geht. Mit den neuen Gesetzen ergibt sich für die Pflegenden die Verpflichtung den Patienten und seine Angehörigen zu beraten, anzuleiten und zu schulen. Und dazu müssen die Mitarbeitenden in ihrem Fach- und Spezialwissen, in Intuition und Kommunikation und in Problemlösungskompetenz geschult werden. Schmidt betont, dass Beratung und Schulung des Patienten nur über eine gemeinsame Sicht der Situation, ein gemeinsames Verständnis und gemeinsame Lösungsansätze zu erreichen sind. Erfreulich und zugleich eine große Herausforderung für die Pflege ist, dass der Patient in den Mittelpunkt gestellt und als Partner wahrgenommen wird!

Die Pflegedokumentation als zweite wichtige Komponente wird zu jedem Pflegestandard beschrieben. Dabei sind im Anhang auch alle notwendigen Tabellen und Dokumente zu finden.

Die Expertenstandards sind folgendermaßen aufgebaut: Risikoerhebung mit Screenings und Assessments, Beschreibung der erforderlichen Kompetenz, Maßnahmenplanung, Schulung und Beratung des Patienten, Kooperation und Evaluation. Zu jedem Punkt werden Prozess- und Ergebniskriterien genannt.

Im Buch werden alle sieben aktuellen Nationalen Pflegestandards detailliert beschrieben. Schmidt hat dort, wo es notwendig schien, weitere Tipps und Erklärungen eingefügt, sodass die Implementierung der Expertenstandards in die einrichtungsinternen Pflegestandards leichter fällt. Das Buch hilft allen, die diese Pflegestandards einführen möchten, und gibt ihnen ein ausgezeichnetes und vollständiges Hilfsmittel an die Hand. Sehr empfehlenswert – nicht nur für Deutschland!

Pflegedidaktik als Disziplin
Eine systematische Einführung

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Ertl-Schmuck, Roswitha und Franziska Fichtmüller

)

Juventa, Weinheim/München, 2009, 196 S., 18,00 €, ISBN 978-3-7799-1645-1

Rezension von:

Dr. Renate Schwarz-Govaers


Endlich ist es da! Das Buch zur „Pflegedidaktik als Disziplin“. Ich bin dankbar für diese systematische Einführung von Ertl-Schmuck und Fichtmüller, die mit diesem Buch eine mehrbändige Publikation realisieren. Als Nächstes soll der Band 2 zu „Theorien und Modelle der Pflegedidaktik“ erscheinen, dem Band 3 mit „Ausgewählte Handlungsfelder der Pflegedidaktik“ und Band 4 mit „Pflegedidaktische Forschung“ nachfolgen werden (s. S. 9 in oben genanntem Buch).

Zielgruppe dieser Reihe sind in erster Linie die „Nachwuchswissenschaftlerinnen“ für die Disziplin Pflegedidaktik (S. 10). Im Gegensatz dazu steht das von Christa Olbrich herausgegebene Buch zu „Modelle der Pflegedidaktik“, das sich explizit an die Studierenden der Pflegepädagogik wendet. Ziel dieser Publikation ist es, „den pflegedidaktischen Diskurs anzuregen und damit zur weiteren Entwicklung der Disziplin beizutragen“ (S. 8). Dazu legen die Autorinnen eine Systematik der Disziplin Pflegedidaktik vor, die uns als Diskussionsgrundlage zur Verfügung steht.

Erleichtert bin ich über die klare Begriffsbestimmung zu den Titeln Pflegedidaktik, Fachdidaktik, Gesundheitsdidaktik und Pflegepädagogik: „Pflegedidaktik“ als Didaktik für das Berufsfeld Pflege wird klar von einer „Didaktik der Gesundheitsberufe“ durch die andersartigen Anforderungen an das berufliche Handeln abgegrenzt, wenn es auch Überschneidungen gibt. Im Gegensatz zu allgemeinbildenden Fächern kann es für die berufliche Ausbildung auch keine „Fachdidaktik Pflege“ geben, da sich Pflege in allen Fächern spiegeln muss. „Pflegepädagogik“ wird an Fachhochschulen üblicherweise als Studiengang für Pflegelehrerinnen verstanden, gilt aber ebenso für die pädagogischen Anteile pflegerischen Handelns. Aus diesem Grund favorisieren die Autorinnen den Begriff Pflegedidaktik als eine sich stetig entwickelnde wissenschaftliche Disziplin, die auf den Gegenstand des Lehrens und Lernens in der Pflegeausbildung verweist (S. 16).

Die Bereiche der Pflegedidaktik werden als pflegedidaktische Handlungsfelder in das Ordnungssystem der Makro-, Meso- und Mikroebene eingefügt – wie dieses bei anderen sozialwissenschaftlichen Disziplinen vorfindbar ist (S. 20). Mit dieser Struktur werden die Autorinnen ihrem Anliegen nach einer Systematik der Disziplin Pflegedidaktik gerecht (welche wir auch für die Ausschreibung zum Lernweltenkongress 2010 verwendeten). Die – die Wirklichkeit beschreibenden – Handlungsfelder sind damit einer wissenschaftlichen Reflexion zugänglich (S. 19) und ermöglichen eine gemeinsame Verständigung über den Gegenstandsbereich der Pflegedidaktik.

Damit ist der Rahmen für dieses Buch abgesteckt, das aus drei Teilen besteht. Der erste Teil macht mit 100 Seiten die Hälfte der Publikation aus und ist von den beiden Autorinnen verfasst unter dem Titel: „Pflegedidaktik – Selbstverständnis im Spiegel von Anliegen und Begrenzungen“. Im zweiten Teil zeigt Claudia Bischoff-Wanner „Bildungs- und berufspolitische Rahmenbedingungen“ auf (S. 119-162). Wolfgang Hoops ist für den dritten Teil verantwortlich mit dem Titel „Entwicklungslinien des bundesdeutschen pflegedidaktischen Diskurses“ (S. 165-196).

Der erste Teil behandelt im 1. Kapitel die „Pflegedidaktik als wissenschaftliche Disziplin – Gegenstand und Begründungslinien“. Hier werden begriffliche Klärungen vorgenommen, wie ich sie zu Beginn schon anzudeuten versuchte. Besonders wichtig ist den Autorinnen die Beachtung der „Pflegedidaktik im Spannungsgefüge von Pflegebildungspraxis, beruflicher Pflegepraxis, Pflegewissenschaft und Erziehungswissenschaft“. Wird dieses Spannungsgefüge zur einen oder anderen Position hin aufgelöst, dann resultieren daraus Verkürzungen, die auch durch eine noch so differenzierte Ausarbeitung nicht mehr eingeholt werden können. Im Anschluss an diese Reflexion erfolgt eine vorläufige Begriffsbestimmung zur Pflegedidaktik: „Pflegedidaktik ist eine Handlungswissenschaft, die interdisziplinär angelegt ist. Sie macht Aussagen zu den Aneignungsgegenständen und zu den am Lernprozess beteiligten Subjekten, in institutionalisierten Kontexten“ (S. 45).

Unter „Grundlegende Begriffe der Pflegedidaktik“ erscheinen Überlegungen zu Subjekt, Lernen und Bildung. Dabei wurden „Lernen – ausgehend vom Standpunkt des Subjekts“ von Marco Hahn verfasst (S. 53-60), das Thema „Pädagogisches Handeln“ von Heiner Friesacher geschrieben (S. 69-74) und der Aspekt des „Gender“ von Norbert Herrmann aufgegriffen (S. 74-77). Zuletzt kommen die „pflegedidaktischen Theorien und Modelle“ im Vorgriff auf den 2. Band kurz in den Blick.

Das 2. Kapitel steht unter der Fragestellung „Pflegedidaktik als doppelter Heimatverlust der Lehrenden? Zum Theorie-Praxis-Verhältnis in der Pflegedidaktik“. Hier wird zum Ausdruck gebracht, dass durch die Entwicklung der Pflegedidaktik als wissenschaftlicher Disziplin den Lehrenden im Berufsfeld Pflege nicht nur die Heimat der praktischen Pflegearbeit abhanden kommt, sondern auch ihre zu subjektiven Theorien verdichteten Erfahrungen über das Lehren und Lernen des Pflegeberufs (S. 92). Diese müssen nach meiner Erkenntnis bewusst gemacht, verändert und neu verdichtet werden, was nicht nur mit einem Heimatverlust einhergeht, sondern auch mit einem Machtverlust als Lehrperson (vgl. dazu R. Schwarz-Govaers, 2005: Subjektive Theorien als Basis von Wissen und Handeln. Bern: Huber). Das spannungsreiche Verhältnis zwischen Theorie und Praxis (S. 93) wird reflektiert und die Bedeutung des Transfers relativiert. Auf Seite 98 wird deutlich gemacht, „dass der Transfer von wissenschaftlichem Wissen in Praxisfelder nur über die subjektiven Theorien der im Praxisfeld Handelnden erfolgen kann“ (meine eigene Forschung zu diesem Thema findet hier Bestätigung, wenn auch nicht explizit erwähnt).

Im zweiten Teil des Buchs greift Bischoff-Wanner im 1. Kapitel die Stagnation und Reform der Pflegeausbildung der letzten Jahrzehnte auf (S.119-123). Nach einer übersichtlichen Rückschau folgen im 2. Kapitel „Reformüberlegungen aus der Pflege“ (S. 124-136), die sich auf drei Schwerpunkte konzentrieren: der Schaffung eines einheitlichen Ausbildungsberufes, der Ansiedelung der beruflichen Erstausbildung auf Hochschulniveau und der Ausdifferenzierung des akademischen Systems. Außerdem erhalten wir einen Überblick über die derzeitig diskutierten Bildungskonzepte aus der Pflege. Unter „Berufspädagogische Reformen der beruflichen Bildung vor dem Hintergrund europäischer Einflüsse“ (S. 137-149) finden wir die derzeit wichtigsten Informationen zum europäischen Bildungsraum, zur Modularisierung der beruflichen Bildung, zur Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen auf ein Hochschulstudium und zu den dualen Studiengängen. Einem speziellen Anliegen von Bischoff-Wanner wird mit dem Kapitel 4 zur „Lehrerbildung für Pflegeberufe“ Rechnung getragen (S. 150-156).

Im dritten Teil der Publikation geht von Hoops erst einmal der Frage nach, welche Höhen und Tiefen sich in der Entwicklung einer Pflegewissenschaft im Nachkriegsdeutschland abzeichneten (S. 165-174). Im 2. Kapitel zeigt er die Entwicklung einer pflegedidaktischen Theoriebildung auf unter dem Titel „Ausbruch des bundesdeutschen fachdidaktischen Diskurses bis zu seiner ersten wissenschaftlichen Fachdidaktik“ (S. 175-186). Auf neuere pflegedidaktische Entwicklungen wird im 3. Kapitel verwiesen (S. 187-192) und damit wieder der Anschluss zum ersten Teil des Buches vollzogen.

Der mühsame Weg bis zum heutigen Stand der Pflegedidaktik wird mir beim Lesen deutlich vor Augen geführt. Die Freude über die neue Standortbestimmung durch diese Publikation verbinde ich mit der Hoffnung auf viele Leserinnen und Leser, auf eine rasche Verbreitung und vielfache Weiterentwicklung einer endlich klar positionierten Disziplin Pflegedidaktik.

Thiemes Pflege
Das Lehrbuch für Pflegende in Ausbildung

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Schewior-Popp, Susanne et al. (Hrsg.)

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Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2009, 11., vollst. überarb. und erw. Aufl., 1514 S., 1175 Fotos, 555 Grafiken, 69,95 €, ISBN 978-3-13-147551-0 (kleines Format), ISBN 978-3-13-500011-4 (großes Format)

Rezension von:

Sylke Werner


Dieses von mehreren Autoren verfasste Werk gilt als vom Deutschen Pflegerat empfohlenes Lehrbuch und beginnt mit einem Vorwort der Herausgeber. Bei den Herausgebern und Autoren handelt es sich um Pflegeexperten verschiedener Bereiche. Im Geleitwort erläutern Dr. Angelika Abt-Zegelin und Franz Wagner die Bedeutung des Buches für die Pflege. Immerhin ist es bereits die 11. überarbeitete Auflage.

Es ist mit über 1500 Seiten ein sehr umfangreiches Werk, dessen farbige Gestaltung auffällt und dem Zweck der Orientierung durchaus gerecht wird.

Das Lehrbuch ist in vier große Bereiche unterteilt, wobei Juchlis ATLs die Grundlage bilden.

Der erste große Bereich beschäftigt sich mit den Grundlagen des Pflegeberufes und man findet darin kompakt und auf das Wesentliche reduziert alles, was den Pflegeberuf ausmacht: Entwicklung des Pflegeberufes, Aufgaben und Arbeitsfelder, pflegewissenschaftliche Aspekte, Pflegemanagement, Ethik, Gesundheitsförderung und Hygiene. Am Ende befindet sich ein Lern- und Leserservice.

Im zweiten großen Bereich geht es um das Erkennen, Erfassen und Bewerten von Pflegemaßnahmen, orientiert an den pflegerischen Inhalten der einzelnen ATLs und der dazugehörigen Prophylaxen.

Der folgende Abschnitt behandelt die Mitwirkung Pflegender bei medizinischer Diagnostik und Therapie. Die Ausführungen decken die gesamte Palette von Behandlungsmaßnahmen und Therapien ab. Zahlreiche Abbildungen, farbige Zusammenfassungen und Praxistipps helfen, den Überblick zu bewahren und das Wesentliche zu erfassen. In einem kleineren Format wäre dies ein guter Praxisratgeber für die Kitteltasche.

Der vierte und letzte Teil beschreibt die Gesundheits- und Krankenpflege bei ausgewählten Patientengruppen. Zum einen orientieren sich die Autoren dabei an verschiedenen Krankheitsbildern, andererseits werden beispielsweise auch Geburtshilfe und Neugeborenenpflege, Frauenheilkunde, psychiatrische Erkrankungen, Intensivpflege sowie die Pflege des alten Menschen thematisiert.

Am Ende des Buches steht ein ausführliches Sachwortverzeichnis.

Insgesamt ist das Bemühen der Autoren um Übersichtlichkeit, Orientierung und vor allem Praxistauglichkeit zu erkennen, z. B. anhand farbiger Strukturierung, Praxisbeispiele und Praxistipps, farbige Fotos bestimmter Handlungsabläufe usw. Es wird jedoch auch die Schwierigkeit deutlich, das Wissen eines gesamten Berufsfeldes in einem Lehrbuch unterzubringen und dabei zu entscheiden, was wirklich wichtig ist.

Manchen Pflegeschülern mag es genügen, andere wünschen sich vielleicht zu bestimmten Themen eine umfangreichere Darstellung. Wer sich davon und vom Gewicht des Buches nicht abschrecken lässt, dem bietet es auf jeden Fall praxisrelevantes Pflegewissen zum Nachschlagen.