Häusliche Gewalt erkennen und richtig reagieren
Handbuch für Medizin, Pflege und Beratung (Fachstelle für Gleichstellung Stadt Zürich et al. (Hrsg.) )

Verlag Hans Huber, Bern, 2007, 272 S., 29,95 €, ISBN 978-3-456-84424-4

Rezension von: Paul-Werner Schreiner

Gewalt in pflegerischen Beziehungen ist ein vielschichtiges Phänomen. Wenn darüber geschrieben oder gesprochen wird, wird in erster Linie die von Pflegenden ausgehende – in subtiler Form daher kommende bis offen erkennbare – Gewalt fokussiert, erst in zweiter Linie wird auch die von zu Pflegenden ausgehende Gewalt bedacht. Pflegende sind bezüglich Gewalt in pflegerischen Beziehungen sowohl Täter als auch Opfer. In der ambulanten Pflege, aber auch z. B. in Notaufnahmestationen sind Pflegende noch mit einer weiteren Form von Gewalt in pflegerischen Beziehungen konfrontiert, nämlich der Gewalt im häuslichen Setting, wovon sie zwar meist nicht unmittelbar betroffen sind, worauf sie aber in der einen oder anderen Weise reagieren müssen. So ist das von der Fachstelle für Gleichstellung Stadt Zürich, der Frauenklinik Maternité des Stadtspitals Triemli in Zürich und dem Verein Inselhof Triemli Zürich herausgegebene Handbuch sehr zu begrüßen. Eines der Ziele des Buches besteht darin, einen Beitrag zum Abbau von häuslicher Gewalt zu leisten.

Im ersten Kapitel werden Zahlen und Fakten zum Thema häusliche Gewalt präsentiert. Die Schweizer Herausgeber informieren hier nicht nur die Situation in der Schweiz, sondern beziehen die in den europäischen Ländern und Russland vorliegenden Studien mit ein.

Das zweite Kapitel ist der Frage gewidmet, was Mitarbeiter der Gesundheitsberufe gegen häusliche Gewalt tun können. Es wird hierbei besonders darauf abgehoben, dass es wichtig ist, beobachtete Gewalt anzusprechen. Die damit ins Spiel kommende berufliche Schweigepflicht wird eigens thematisiert.

In den weiteren Kapiteln werden die Situation der Frauen, die statistisch zweifelsfrei am häufigsten Opfer von Gewalt, auch und gerade in Paarbeziehungen, sind, sowie die Situation der Männer als Täter bedacht. Ein Kapitel beschäftigt sich mit der Situation der Männer als Opfer. Ein Kapitel ist Kindern gewidmet – jedoch nicht so sehr als unmittelbar von Gewalt Betroffenen, sondern als mittelbar Betroffenen und Zeugen.

Im Weiteren werden die rechtlichen Bedingungen für Interventionen dargestellt, wobei hier natürlich auf die schweizerische Rechtsordnung Bezug genommen wird, und Interventionsmöglichkeiten gegen häusliche Gewalt vorgestellt. Dabei wird im Besonderen darauf eingegangen, dass Gewalt Ursache von Krankheit bzw. von gesundheitlichen Beeinträchtigungen ist. Die Notwendigkeit einer Dokumentation wird betont; das Muster eines Dokumentationsbogen „Häusliche Gewalt“ wird vorgestellt.

Barrieren hinsichtlich des Erkennens und des damit verbundenen Handelns werden in einem weiteren Kapitel thematisiert.

Das letzte Kapitel ist mit „Ein Spital wird aktiv“ überschrieben – es wird das Projekt „Häusliche Gewalt – wahrnehmen – intervenieren“ in der Frauenklinik Maternité am Stadtspital Triemli in Zürich vorgestellt.

Das ein vielfach als Tabu behandeltes Thema aufgreifende Buch ist, auch wenn es natürlich primär auf die Situation in der Schweiz abhebt, sei potenziell mit dem Problem befassten Mitarbeiter der Gesundheitsdienste auch außerhalb der Schweiz empfohlen.