Anatomie – Text und Atlas (Lippert, Herbert et al. )Elsevier Urban & Fischer Verlag. München 2010, 9., neu bearb. Aufl., 429 S., kart., 35,95 €, ISBN 978-3-437-26182-4 Rezension von:Dr. Hubert Kolling |
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Die Anatomie, die Lehre vom Bau der Organismen, und insbesondere die Humananatomie, die Lehre vom Bau des Menschen, interessiert sowohl unter erkenntnistheoretischen als auch unter praktischen Gesichtspunkten. Im medizinischen System ermöglicht sie durch intensives Erfassen der Form des lebenden Menschen, die Grundlagen für das ärztliche und pflegerische Handeln zu schaffen. Denn Kenntnis der Form ist Voraussetzung für das Verstehen der Funktion; Kenntnis der normalen Form (und Funktion) ist Voraussetzung für das Erkennen des Krankhaften (Pathologische Anatomie).
Da solide Kenntnisse der Anatomie des Menschen die notwendige Voraussetzung sind, um entsprechende therapeutische, pflegerische und prophylaktische Maßnahmen zur Gesunderhaltung des Menschen besser zu verstehen, wird diesem Fach im Medizinstudium, ebenso wie in der Ausbildung aller Gesundheits- und Pflegeberufe besondere Bedeutung geschenkt.
Zu den bewährten Standardwerken der Anatomie, die sich insbesondere an Schüler/innen der Pflege- und Gesundheitsberufe wenden, gehört seit vielen Jahren – mit inzwischen mehr als 300.000 verkauften Exemplaren – auch der „Lippert: Anatomie – Text und Atlas“. Das erstmals 1975 vorgelegte Lehrbuch, von dem auch 2005 eine portugiesische und 2010 eine griechische Ausgabe erschien, liegt nun in der 9., neu bearbeiteten Auflage vor.
Neben dem Anatomen Herbert Lippert zeichnen sich für den Inhalt (seit der 7. Auflage 2002) mit Désirée Herbold und Wunna Lippert-Burmester auch zwei in der klinischen Medizin tätige Ärztinnen verantwortlich. Prof. Dr. med. und Dr. phil. Herbert Lippert, Facharzt für Anatomie und Dipl.-Psychologe, war ehemals Leiter der Abteilung für Funktionelle und Angewandte Anatomie der Medizinischen Hochschule Hannover. Dr. med. Désirée Herbold, Fachärztin für Orthopädie, Physikalische und Rehabilitative Medizin, ist Chefärztin der Paracelsus Klinik an der Gande in Bad Gandersheim. Dr. med. Wunna Lippert-Burmester arbeitet als Fachärztin für Anästhesiologie in Hannover.
Der Band, der alle Aspekte des Körperbaus des Menschen jeweils aus funktioneller und pflegerischer Sicht behandelt, gliedert sich in die folgenden 20 Kapitel:
1. Einführung (S. 2-15)
2. Zelle und Gewebe (S. 16-39)
3. Allgemeine Anatomie (S. 40-63)
4. Leibeswand (S. 64-101)
5. Bein (S. 102-131)
6. Arm (S. 132-155)
7. Kopf und Hals (S. 156-171)
8. Verdauungsorgane (S. 172-213)
9. Atmungsorgane (S. 214-231)
10. Herz (S. 232-247)
11. Abwehrsystem (S. 248-259)
12. Harnorgane (S. 260-271)
13. Weibliche Geschlechtsorgane (S. 272-289)
14. Männliche Geschlechtsorgane (S. 290-301)
15. Entwicklung (Embryologie) (S. 302-319)
16. Auge (S. 320-329)
17. Hör- und Gleichgewichtsorgan (S. 330-337)
18. Zentralnervensystem (S. 338-373)
19. Autonomes Nervensystem (S. 374-381)
20. Endokrines System (S. 382-393).
Ergänzt wird die Darstellung durch einen Bildnachweis (S. 394) und ein umfangreiches Sachverzeichnis (S. 395-429).
Zum Aufbau und zur Bedeutung ihres Buches hält das Autorenteam in seinem Vorwort fest: „In der hier vorliegenden Kombination von Lehrtext und Atlas soll der Text mit möglichst wenigen Fachbegriffen klare Vorstellungen vom funktionellen Bau des Körpers vermitteln. Sie sollten in den Krankenpflegeberufen als Examenswissen ausreichen, für den Medizinstudenten können sie nur eine Einführung bedeuten.“
Für die 9. Auflage wurde der Bildteil – der aus rund 1.300 meist mehrfarbige Abbildungen besteht – völlig neu bearbeitet, wobei nur etwa ein Viertel der Abbildungen der 8. Auflage unverändert übernommen wurde. Die Übrigen wurden zumindest gründlich überarbeitet oder durch didaktisch und grafisch bessere ersetzt. Um die Nutzerschaft des Buches stärker emotional anzusprechen, traten an die Stelle von Schwarz-Weiß-Bildern Farbaufnahmen. Einige unübersichtliche Bilder wurden durch das Weglassen unwichtiger Einzelheiten übersichtlicher gestaltet, große Bilder wurden teilweise verkleinert, wodurch Platz für zusätzliche Abbildungen geschaffen wurde. So wurden – um dem Anspruch als Atlas noch besser gerecht zu werden – nahezu 500 neue Abbildungen aufgenommen. Hierbei möchten:
- mehr als 250 vom Autorenteam erstellte Computergrafiken das Verständnis erleichtern
- etwa 90 neue Fotos zur Anatomie am Lebenden betonen, dass es in einer ärztlich orientierten Anatomie um den lebenden Menschen und nicht um die Leiche geht
- mehr als 100 neue Computer- und Magnetresonanztomogramme dem Umstand Rechnung tragen, dass sich diese Verfahren immer weiter verbreiten und der Patient seine Bilder auf CD mit nach Hause bekommt (und damit auch Pflegekräfte immer häufiger um Erklärung der Bilder bitten).
Da das Verständnis wie die Vermittlung der Anatomie vom Beschreiben lebt, sind in entsprechenden Publikationen gute Abbildungen stets hilfreich. Im vorliegenden Fall werden sie zudem noch eingehend erläutert und sind lückenlos mit deutschen und lateinischen anatomischen Bezeichnungen versehen. Sehr positiv hervorzuheben ist zudem, dass es zu den einzelnen Körperteilen und Organen immer Parallelabbildungen gibt, wodurch der jeweilige Aufbau besonders anschaulich ist.
Für die Neuauflage wurde der gesamte Text kritisch durchgesehen. Neu aufgenommen wurden Abschnitte über die körperliche Untersuchung und über bildgebende Verfahren, um – so das Autorenteam in seinem Vorwort – „ein Grundverständnis ärztlicher diagnostischer Maßnahmen zu vermitteln“. Durch „Entschlackung“ von Text und Bildern habe der Umfang des Buches um rund 30 Seiten vermindert werden können.
Unter dem Motto „Elsevier-Pflegebücher sind einen Schritt voraus!“ enthält der Band eine persönliche PIN-Nummer, die einem den Zugang zu dem seit Juli 2007 bestehenden „PflegeHeute-Angebot: Buch+Portal+Service“ der Elsevier GmbH ermöglicht. Dieses Portal erlaubt dem Käufer des Buches im Internet auf www.pflegeheute.de oder www.elsevier.de unter anderem,
- auf unterschiedliche Themenbereiche zuzugreifen,
- mit exklusiven Zusatzinhalten zu dem Buch zu arbeiten, und
- auf viele weitere multimediale Angebote zuzugreifen.
Schüler/innen der Gesundheits- und Pflegeberufe werden sich mit dem „Lippert: Anatomie – Text und Atlas“ mitunter schwer tun. In den Händen der Lehrkräfte entsprechender Ausbildungseinrichtungen ist es aber sehr gut aufgehoben.