Demenz: Leben und Lernen im Modellheim Haus Schwansen (Brinker-Meyendriesch, Elfriede und Anke Erdmann)Mabuse Verlag, 262 Seiten, 13 Abbildungen, 8 Tabellen, 29,90 €, ISBN: 978-3-940529-63-3Rezension von: Helen Güther, Dipl. Heilpädagogin, MPH |
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"Demenz: Leben und Lernen im Modellheim Haus Schwansen" ist eine Publikation der Evaluationsergebnisse des vom Bundesgesundheitsministeriums (BMG) geförderten Leuchtturmprojekts Projektes "TransAltern" zur Verbesserung der Versorgung demenzkranker Menschen. Durchgeführt wurde das Forschungsprojekt von den Autorinnen am Institut für Bildung und Wissenschaftliche Dienstleistungen im Sozial- und Gesundheitswesen (IBW) Münster. Im Zentrum steht das auf die Versorgung von demenzkranken Menschen spezialisierte Modellhaus "Haus Schwansen" und die Frage nach inner- als auch inter-institutionellen Lernkulturen zur Förderung von Wissenstransfer. Zu diesem Zwecke ist der Ergebnisbericht des Buches in zwei Teile gegliedert, die mehrere Teiluntersuchungen beinhalten.
Den ersten Teil (Kapitel 2) bildet auf knapp 200 Seiten die qualitative Exploration von innerbetrieblichem Wissenstransfers in Haus Schwansen. Forschungsziel ist die Klärung der Frage, in wie weit die Untersuchungseinrichtung als Modellhaus für vorbildliche Pflege von Menschen mit Demenz einzuschätzen ist, um dann die Frage nach der "Führungs-, Lern- und Entwicklungskultur" zu stellen. Als zentrales Ergebnis differenziert sich die Schlüsselkategorie "Wertschätzung" heraus, die sich sowohl in der Pflege- als auch Organisationskultur niederschlägt. Wertschätzung ist dabei eines von drei wesentlichen Konzepten - neben Vertrauen und einem partizipativem Führungsstil- die im Modellheim beobachtet werden konnten.
Den zweiten Teil der Untersuchung (Kapitel 3) bildet ein quantitativ-deskriptiv ausgerichtetes Erhebungsverfahren zur Erfassung eines inter-institutionellen Kompetenztransfers zwischen Haus Schwansen und zwei weiteren Altenheimen. Untersucht wurden Transferprozesse. Im Ergebnis werden der Praxisbegleitung, einem grundlegenden Lerninteresse als auch der Kommunikation besondere Bedeutung für eine gelingende Umsetzung beigemessen.
In der Schlussbetrachtung des Buches (Kapitel 4) kommen die Autorinnen zu der Folgerung, dass Lerntransfers nicht als eine "Eins-zu-Eins-Übertragung" zu verstehen sind, sondern vielmehr als Anregungen, die in den jeweiligen Transferinstitutionen wiederum integriert und weiterentwickelt werden müssen.
Eingebettet ist die Untersuchung in ein Vorverständnis von "lernenden Organisationen" und der Annahme einer "Kultur des Lernens" (Kapitel 1). Damit wird diese Untersuchung in den theoretischen Rahmen des pädagogischen Konstruktivismus und der Kompetenzforschung gestellt. Demzufolge wird Lernen als ein individueller, auf Selbstreflexion basierender und wenig steuerbarer Vorgang verstanden, der je nach Voraussetzungen der verschiedenen personalen und sozialen Systeme unterschiedlich verlaufen kann.
Das Buch zur Studie richtet sich sowohl an einen wissenschaftlich ausgerichteten Leserkreis zur Theorieweiterentwicklung aus auch an die Praxis zur Unterstützung des Aufbaus "lernender Organisationen". Die Evaluation orientiert sich insgesamt an dem Modellhaus Schwansen, welches "den Ruf einer vorbildlich geführten Institution für demenziell Erkrankte" (Buchdeckel) hat. Die Präsentation der Forschungsergebnisse "TransAltern" zeichnet sich durch eine anschauliche Beschreibung des Modellhauses mit umfangreichem Datenmaterial aus sowie dem Einsatz übersichtlicher Schaubilder und Tabellen. Unterstützung erfahren könnte der Leser durch eine deutlichere Argumentation der methodischen Gesamtkonzeption der Evaluation und eine akzentuiertere Strukturierung der Ergebnispräsentation und -interpretation. Wünschenswert insbesondere für Praktiker wären abschließende Empfehlungen, die aus dem Leuchtturmprojekt gewonnen werden konnten.
Praktikern ist die Publikation zu empfehlen, da sie eine ausführliche mit zahlreichen Beobachtungs- und Interviewzitaten veranschaulichte Beschreibung verschiedener Teilaspekte des Modellhauses darlegt. Auch die deskriptiven Ergebnisse zum Inter-institutionellen Transfer bieten Anregung zur näheren Auseinandersetzung mit der Umsetzung von kollegialem Lernen.
Im wissenschaftlichen Kontext ist die Publikation von Interesse, da sie die Komplexität des Untersuchungsgegenstands "Pflegeheim" und der Untersuchung von Lernprozessen deutlich werden lässt und die Vielfalt möglicher methodischer Zugänge. Hervorzuheben ist die Einbettung des empirischen Vorgehens in ein sowohl literaturfundiertes Wissen als auch in ein theoriebezogenes Verständnis.