Palm, Rebecca und Martin Dichter (Hrsg.)

Pflegewissenschaft in Deutschland – Errungenschaften und Herausforderungen

Festschrift für Sabine Bartholomeyczik

Verlag Hans Huber, Bern, 2013, 367 S., 26,99 €, ISBN 978-3-456-85248-5

Pflegewissenschaft ist in Deutschland noch eine vergleichsweise sehr junge Disziplin, die im Unterschied zu den traditionsreicheren Wissenschaftsgebieten nach wie vor um ihre Stellung und Anerkennung ringt. Zu denjenigen Personen, die durch ihr Engagement großen Einfluss auf die Entwicklungsgeschichte der deutschen Pflegewissenschaft hatten, gehört – etwa neben Ruth Schröck (Jahrgang 1931), die 1987 erstmals eine entsprechende Professur besetzte, und Hilde Steppe (1947-1999) – zweifelsfrei auch Sabine Bartholomeyczik. Anlässlich ihrer Verabschiedung aus der hauptamtlichen Arbeit in der Pflegewissenschaft haben Rebecca Palm und Martin Dichter die vorliegende Festschrift herausgegeben, um „im Sinne der akademischen Kultur“, wie sie in ihrem Vorwort schreiben, die Arbeit und das Wirken von Sabine Bartholomeyczik als Pflegewissenschaftlerin zu würdigen.

Rebecca Palm ist Gesundheits- und Krankenpflegerin mit einem Abschluss als Dipl. Pflegewirtin der Hochschule Osnabrück. Seit ihren Abschluss in Master of Science im Studienprogramm Pflegewissenschaft an der Universität Witten/Herdecke promoviert sie am Department für Pflegewissenschaft derselben Hochschule, wobei sie sich – als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (Witten) – mit der Erforschung demenzspezifischer Versorgungsstrukturen und Bewohneroutcomes in Einrichtungen der stationären Altenhilfe in Deutschland befasst.

Martin Dichter, Gesundheits- und Krankenpfleger mit einem Master of Science in Nursing, arbeitet ebenfalls als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (Witten). Seine aktuellen Arbeitsschwerpunkte umfassen die Erfassung von Lebensqualität von Menschen mit Demenz in Wissenschaft und Praxis, die Erfassung von pflegebezogenen Outcomes in der Versorgung von Menschen mit Demenz und den Arbeitsbedingungen von beruflich Pflegenden und deren Folgen auf Gesundheit und Berufsausstiegsverhalten.

Für ihr Buch haben die Herausgeber die Veröffentlichungen von Sabine Bartholomeyczik nach Themenfeldern sortiert, deren Bandbreite von der Entwicklung der Pflegeforschung über die Arbeitsbedingungen in den Pflegeberufen, der Pflegeversicherung und der Entwicklung von Pflegediagnostik bis hin zu Assessment und Klassifikationen, orale Ernährung in der Pflege sowie die pflegerische Versorgung von Menschen mit Demenz reicht.

Die unter der Mitarbeit von Christel Bienstein, Elke Müller, Andreas Büscher, Dirk Hunstein, Maria Magdalene Schreier, Margareta Halek und Ulrike Höhmann entstandene Festschrift, die durch ein „Sachwortverzeichnis“ (S. 365-367) erschlossen wird, gliedert sich nach dem Vorwort der Herausgeber (S. 9-11) in die folgenden acht Teile beziehungsweise Kapitel:

  1. Pflegewissenschaft in Deutschland – von den ersten Schritten zu einer etablierten Wissenschaftsdisziplin (S. 13-79)
  2. Der Pflegeberuf und Arbeitsbedingungen in der beruflichen Pflege (S. 81-124)
  3. Die Pflegeversicherung – ein Januskopf für die Pflege? (S. 125-176)
  4. Entwicklung von Pflegediagnosen, Assessments, Klassifikationssystemen (S. 177-237)
  5. Orale Ernährung in der Pflege (S. 239-280)
  6. Die pflegerische Versorgung von Menschen mit Demenz (S. 267-313)
  7. Das politische Wirken einer Pflegewissenschaftlerin (S. 315-344)
  8. Abschließendes zur Biografie (S. 345-363).

Die den einzelnen Kapiteln zugeordneten Texte von Sabine Bartholomeyczik sind jeweils eingebettet in einen einleitenden Beitrag, der von einem ihrer Wegbegleiter/-innen oder Mitstreiter/-innen verfasst wurde, und ein Interview, das Rebecca Palm und Martin Dichter mit der Jubilarin führten, und zwar im Einzelnen:

  • zur Entwicklung der Pflegewissenschaft in Deutschland (S. 74-79)
  • zum Pflegeberuf und seinen Arbeitsbedingungen (S. 119-124)
  • zur Pflegeversicherung (S. 173-176)
  • zu Pflegediagnosen, Assessments und Klassifikationssystemen (S. 234-237)
  • zur Bedeutung oraler Ernährung in der Pflege (S. 264-265)
  • zu Herausforderungen in der Forschung und Versorgung von Menschen mit Demenz (S. 312-313)
  • zur pflegepolitischen Arbeit (S. 340-344).

Im ersten Teil („Pflegewissenschaft in Deutschland – von den ersten Schritten zu einer etablierten Wissenschaftsdisziplin“) beleuchtet die Pflegewissenschaftlerin Christel Bienstein unter der Überschrift „Es braucht Geduld, Engagement und Mitstreiter – Entwicklung einer neuen Wissenschaftsdisziplin“ (S. 14-26) die Entwicklung der Pflegewissenschaft in Deutschland. Sodann folgen die folgenden sechs Werke von Sabine Bartholomeyczik:

  • Gesundheit und Krankheit bei Krankenschwestern. Neue Wege in der Krankenpflegeforschung (1984) (S. 27-28)
  • Zur Konzeption praxisbezogener Pflegeforschung (1991) (S. 29-40)
  • Die Bedeutung der Pflegeforschung für die Krankenpflege (1992) (S. 41-50)
  • Vermittlung von Forschungskompetenz – selektive Erfahrungen einer «wissenschaftlichen Beraterin» (1993) (S. 51-57)
  • Zur Entwicklung der Pflegewissenschaft in Deutschland (1999) (S. 58-64)
  • Pflegeforschung: Entwicklung und Perspektiven in deutschsprachigen Ländern (2004) (S. 65-73).

Im zweiten Teil („Der Pflegeberuf und Arbeitsbedingungen in der beruflichen Pflege“) setzt sich die Pflegewissenschaftlerin Elke Müller in ihrem Beitrag „Eigentlich haben wir fast immer Pflegenotstand“ (S. 82-89) mit der Geschichte der Arbeitsbedingungen in der Pflege auseinander. Sodann folgen die folgenden vier Werke von Sabine Bartholomeyczik:

  • Krankenpflege und Weiblichkeit (1983) (S. 90-92)
  • Arbeitsplatz Krankenbett (1987) (S. 93-98)
  • Arbeitssituation und Arbeitsbelastung beim Pflegepersonal im Krankenhaus (1993) (S. 99-111)
  • Professionalisierung der Pflege – zwischen Abhängigkeiten und Omnipotenz (1997) (S. 112-119).

Im dritten Teil („Die Pflegeversicherung – ein Januskopf für die Pflege?“) beschäftigt sich der Pflegewissenschaftler Andreas Büscher mit den Errungenschaften und Grenzen der Pflegeversicherung (S. 126-135). Sodann folgen die folgenden fünf Werke von Sabine Bartholomeyczik:

  • Die Messung von Pflegezeiten – methodische und inhaltliche Probleme (2001) (S. 136-147)
  • Zeitrichtlinien zur Begutachtung des Pflegebedarfs. Evaluation der Orientierungswerte für die Pflegezeitbemessung (2001) (S. 148-149)
  • Grunddimensionen einer Definition von Pflege: Expertise für die Enquêtekommission zur Zukunft der Pflege in NRW (2002) (S. 150-157)
  • Positionspapier der Assessmentgruppe, Universität Witten / Herdecke, zur Pflegedokumentation: Kommentar zur Grundsatzstellungnahme „Pflegeprozess und Dokumentation“ des MDS (2007) (S. 158-165)
  • Pflegebedürftigkeit: Begriffe in der Pflegeversicherung und Chancen für die Qualität der Pflege (2010) (S. 166-172).

Im vierten Teil („Entwicklung von Pflegediagnosen, Assessments, Klassifikationssystemen“) fragt der Dipl. Pflegewirt Dirk Hunstein in dem Essay „Pflegediagnosen, Klassifikationssysteme und Assessmentinstrumente“ (S. 178-187) danach, wie man Pflege beschreiben, messen und transparent machen kann. Sodann folgen die folgenden fünf Werke von Sabine Bartholomeyczik:

  • Erforderliche Pflege – zu den Grundlagen einer Personalbemessung (2000) (S. 188-195)
  • Zur Formalisierung der Sprache in der Pflege (2003) (S. 196-203)
  • Pflegebedarf und Pflegebedürftigkeit (2004) (S. 204-214)
  • Pflegediagnostik, Assessment und Klassifikationen: Funktionen und Grenzen (2006) (S. 215-223)
  • Einige kritische Anmerkungen zu standardisierten Assessmentinstrumenten in der Pflege (2007) (S. 224-233)

Im fünften Teil („Orale Ernährung in der Pflege“) widmet sich die Dipl. Pflegewirtin Maria Magdalena Schreier der „Lust auf Ernährung – ein vernachlässigtes Thema ins Licht gerückt“ (S. 240-247). Sodann folgen die folgenden drei Werke von Sabine Bartholomeyczik:

  • Positionspapier der Nationalen Pflegeassessmentgruppe Deutschland zur Grundsatzstellungnahme „Ernährung und Flüssigkeitsversorgung älterer Menschen“ (2005) (S. 248-257)
  • Vorwort zum Expertenstandard „Ernährungsmanagement in der Pflege zur Sicherstellung und Förderung der oralen Ernährung Menschen“ (2010) (S. 258-260)
  • Der Expertenstandard „Ernährungsmanagement in der Pflege zur Sicherstellung und Förderung der oralen Ernährung Menschen“ – Präambel (2010) (S. 261-263).

Im sechsten Teil („Die pflegerische Versorgung von Menschen mit Demenz“) gibt die Pflegewissenschaftlerin und Gruppenleiterin am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), Margarete Halek, „Einblicke in die Forschungsaktivitäten zur Versorgung von Menschen mit Demenz“ (S. 268-280). Sodann folgen die folgenden drei Werke von Sabine Bartholomeyczik:

  • Versorgungsnahe Demenzforschung ermöglichen – Fragestellungen im Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen an der Universität Witten / Herdecke (2010) (S. 281-294)
  • Herausforderndes Verhalten bei Menschen mit Demenz: Offene Fragen für die Forschung (2011) (S. 295-299)
  • Herausforderndes Verhalten demenzkranker Menschen (2011) (S. 300-311).

Im siebten Teil („Das politische Wirken einer Pflegewissenschaftlerin“) fasst die Pflegewissenschaftlerin Ulrike Höhmann in ihrem Beitrag „Die Akademisierung der Pflege: Vom Bohren dicker Bretter“ (S. 316-337) die hiermit verbundenen, speziellen politischen Herausforderungen zusammen. Mit „Taten statt Worte“, einer tabellarischen Darstellung der Gremienarbeit von Sabine Bartholomeyczik, schließt das Kapitel ab.

Der achte Teil („Abschließendes zur Biografie“) enthält einen „Lebenslauf von Sabine Bartholomeyczik“ (S. 346-349) und eine „Vollständige Bibliographie“ (S. 354-363), aufgeschlüsselt nach Artikel, Bücher, Buchbeiträge, Berichte und Herausgeberschaften.

Zur Bedeutung und Intention ihrer Festschrift schreiben die Herausgeber im Vorwort: „Mit den Aufsätzen soll der Beitrag, den Sabine Bartholomeyczik zum jeweiligen Themenfeld geleistet hat, deutlich werden. Bei der Auswahl der Aufsätze wurden denjenigen den Vorzug gegeben, die das jeweilige Themenfeld in einer Metaperspektive beleuchten, Ergebnisdarstellungen einzelner Projekte wurden absichtlich ausgelassen. Die Aufsätze nehmen den Leser teilweise mit auf eine Reise zu den Anfängen der Pflegewissenschaft, teilweise stammen sie auch aus jüngster Zeit. Dabei hat keiner der Beiträge an Aktualität verloren, auch wenn es um einige Themenfelder vermeintlich etwas ruhiger geworden ist. Wir hoffen mit diesem Nachdruck etwas dazu beitragen zu können, dass einige Diskussionsstränge wieder neu aufgegriffen und in konstruktiver Weise weiter geführt werden“ (S. 10).

Die gelungene Festschrift für Sabine Bartholomeyczik würdigt nicht nur ihr Leben und Wirken in der gesamten Bandbreite, sondern stellt zugleich auch die enorme Entwicklung der Pflege in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten dar. Einige der seit den 1980er Jahren hinlänglich bekannten Probleme, wie beispielsweise der Dokumentationsaufwand, die zunehmende Arbeitsverdichtung bei bestehendem Fachkräftemangel oder die Forderung nach einer Kammer für die Pflegeberufe, sind unterdessen bis heute nicht wirklich gelöst. Insofern sei das das Buch allen zur Lektüre empfohlen, denen die Pflege im Allgemeinen und die (Weiter-)Entwicklung der Pflegewissenschaft im Besonderen am Herzen liegt.

Rezension von Dr. Hubert Kolling