Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG) blickt mit großer Sorge auf die am 1. November 2025 in Kraft getretenen Neuregelungen des Hebammenhilfevertrags. Nach Einschätzung der DGGG gefährden die neuen Bestimmungen insbesondere die Arbeitssituation freiberuflich tätiger Hebammen in geburtshilflichen Kliniken sowie die Qualität der Versorgung von Schwangeren und Wöchnerinnen.

Einschränkungen mit weitreichenden Folgen

Der neue Vertrag schränkt die Tätigkeit freiberuflicher Beleghebammen erheblich ein. Sie dürfen – mit wenigen Ausnahmen – nur noch stationäre Patientinnen betreuen und abrechnen, während die Versorgung ambulanter Patientinnen ausgeschlossen wird.
Die DGGG sieht darin mehrere gravierende Probleme:

  1. Versorgungsprobleme ambulanter Patientinnen:
    Die ambulante Betreuung von Schwangeren mit potenziell risikobehafteten Beschwerden, etwa bei drohender Frühgeburt, unklaren Blutungen oder Verdacht auf eine Präeklampsie, ist ohne Hebammenbetreuung organisatorisch und medizinisch kaum zu gewährleisten. Eine vollständige Verlagerung dieser Aufgaben auf ärztliche Dienste ist nicht praktikabel und birgt Risiken für die Patientensicherheit.

  2. Gefährdung der Versorgungsqualität:
    Wenn ambulante Patientinnen ausschließlich ärztlich betreut werden, kann es insbesondere in Randzeiten oder bei hoher Auslastung zu Verzögerungen kommen. Kritische Pathologien könnten dadurch später erkannt und behandelt werden.

  3. Finanzielle Benachteiligung der Hebammen:
    Die Neuregelungen führen dazu, dass freiberuflich tätige Hebammen Einkommenseinbußen hinnehmen müssen. Dies verschärft eine ohnehin angespannte Vergütungssituation und gefährdet die Attraktivität des Berufs.

  4. Untragbare Alternativen:
    Weder eine generelle stationäre Aufnahme aller Patientinnen noch eine unentgeltliche ambulante Betreuung durch Hebammen sind praktikable oder rechtlich tragfähige Lösungen.

Hebammenverband schlägt Alarm

Auch der Deutsche Hebammenverband (DHV) kritisiert die aktuellen Regelungen scharf. Der Verband macht seit Monaten auf die schwierige wirtschaftliche Situation der Hebammen aufmerksam. Eine neue Studie der opta data Zukunfts-Stiftung bestätigt nun die Dringlichkeit: 44 Prozent der befragten Hebammen denken über einen Berufsausstieg nach, vor allem aufgrund der unzureichenden Vergütung (68 Prozent).
Der DHV sieht im neuen Hebammenhilfevertrag keine ausreichende wirtschaftliche Absicherung, um Hebammen langfristig im Beruf zu halten. Damit droht ein weiterer Verlust an Fachkräften – mit direkten Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit in Geburtshilfe und Wochenbettbetreuung.


Zu den Pressemitteilungen:
https://www.dggg.de/fileadmin/data/Stellungnahmen/DGGG/2025/Hebammenhilfevertrag/dggg-stellungnahme_hebammenhilfevertrag.pdf
https://hebammenverband.de/neuer-hebammenhilfevertrags-ringen-um-tragfaehige-loesungen

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Die WHO und globale Partner fordern, den Schutz der Gesundheit als stärksten Antrieb für Klimaschutzmaßnahmen anzuerkennen. Ein kürzlich veröffentlichter Bericht zeigt, dass die anhaltende Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und das mangelnde Anpassen an die Erderwärmung bereits verheerende Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben.

Der Lancet Countdown 2025 zu Gesundheit und Klimawandel, erstellt in Zusammenarbeit mit der WHO, zeigt, dass 12 von 20 wichtigen Indikatoren zur Überwachung von Gesundheitsrisiken Rekordwerte erreicht haben. Dies verdeutlicht, wie Untätigkeit im Klimaschutz Menschenleben kostet, Gesundheitssysteme belastet und Volkswirtschaften untergräbt.

„Die Klimakrise ist eine Gesundheitskrise. Jede noch so kleine Temperatursteigerung kostet Leben und Lebensgrundlagen“, sagte Dr. Jeremy Farrar, Assistenzdirektor der WHO für Gesundheitsförderung, Krankheitsprävention und -versorgung. „Dieser Bericht, erstellt mit der WHO als strategischem Partner, macht deutlich, dass Untätigkeit im Klimaschutz jetzt Menschen in allen Ländern tötet. Gleichzeitig bietet Klimaschutz die größte Chance für die Gesundheit unserer Zeit. Saubere Luft, gesündere Ernährung und resiliente Gesundheitssysteme können jetzt Millionen von Leben retten und gegenwärtige sowie zukünftige Generationen schützen.“

Wichtigste Ergebnisse des Lancet Countdown 2025

Mehr hitzebedingte Todesfälle:
Seit den 1990er Jahren stieg die Sterblichkeit durch Hitze um 23 %. Durchschnittlich sterben jährlich 546.000 Menschen an Hitze. 2024 war die durchschnittliche Person 16 Tage gefährlicher Hitze ausgesetzt – ohne Klimawandel wären diese Tage nicht eingetreten. Säuglinge und ältere Menschen erlebten über 20 Hitzewellen pro Jahr – viermal so viele wie vor 20 Jahren.

Waldbrände und Dürre:
Dürren und Hitzewellen führten 2023 dazu, dass 124 Millionen Menschen zusätzlich unter mittlerer oder schwerer Ernährungsunsicherheit litten.

Wirtschaftliche Belastung:
Hitzebedingte Produktivitätsverluste summierten sich 2024 auf 640 Milliarden Arbeitsstunden, was einem wirtschaftlichen Schaden von 1,09 Billionen US-Dollar entspricht. Hitzetote bei älteren Menschen verursachten Kosten von 261 Milliarden US-Dollar.

Fossile Brennstoffsubventionen übersteigen Klimafinanzierung:
2023 gaben Regierungen weltweit 956 Milliarden US-Dollar für fossile Brennstoffe aus – mehr als dreimal so viel wie für die Unterstützung besonders klimawandelgefährdeter Länder zugesagt. In 15 Ländern überstiegen die Subventionen die gesamten nationalen Gesundheitsbudgets.

Nutzen von Klimaschutzmaßnahmen:
Zwischen 2010 und 2022 konnten jährlich etwa 160.000 vorzeitige Todesfälle durch reduzierte Luftverschmutzung aus Kohle vermieden werden. Die erneuerbaren Energien deckten 2024 12 % des globalen Strombedarfs, und weltweit wurden 16 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen. Zwei Drittel der Medizinstudierenden erhielten 2024 Unterricht zu Klima und Gesundheit.

„Wir haben bereits die Lösungen, um eine Klimakatastrophe zu vermeiden – und Gemeinden sowie lokale Regierungen weltweit zeigen, dass Fortschritte möglich sind. Von sauberem Energieausbau bis zur Anpassung von Städten werden Maßnahmen umgesetzt, die echte gesundheitliche Vorteile bringen – wir müssen jedoch das Tempo beibehalten“, sagte Dr. Marina Romanello, Geschäftsführerin des Lancet Countdown an der University College London. „Die schnelle Abkehr von fossilen Brennstoffen zugunsten sauberer erneuerbarer Energien und effizienter Energienutzung bleibt der stärkste Hebel, um den Klimawandel zu verlangsamen und Leben zu schützen. Gleichzeitig würden klimafreundlichere, gesündere Ernährungsweisen und nachhaltigere Landwirtschaftssysteme die Umweltverschmutzung, Treibhausgase und Abholzung massiv reduzieren und potenziell über zehn Millionen Leben pro Jahr retten.“

Gesundheitsförderlicher Klimaschutz

Während einige Regierungen ihre Klimaverpflichtungen verlangsamt haben, zeigt der Bericht, dass Städte, Gemeinden und der Gesundheitssektor die Führung übernehmen. Fast alle berichtenden Städte (834 von 858) haben Klimarisikobewertungen abgeschlossen oder planen dies. Der Übergang zu erneuerbaren Energien sorgt für sauberere Luft, gesündere Arbeitsplätze, messbares Wirtschaftswachstum und Investitionen. Der Gesundheitssektor zeigt ebenfalls Klimaführung: Globale Treibhausgasemissionen im Gesundheitswesen gingen zwischen 2021 und 2022 um 16 % zurück, während die Qualität der Versorgung stieg.

WHO-Daten zeigen, dass immer mehr Gesundheitssysteme Risiken bewerten und sich auf gefährliche Zukunftsszenarien vorbereiten. 58 % der Mitgliedstaaten haben eine Gesundheits-Vulnerabilitäts- und Anpassungsbewertung abgeschlossen, 60 % einen nationalen Anpassungsplan für Gesundheit.

Blick auf COP30: Gesundheit ins Zentrum des Klimaschutzes stellen

Vor der COP30 in Belém, Brasilien liefert der 2025er Bericht des Lancet Countdown eine solide Evidenzbasis für gesundheitsorientierte Klimamaßnahmen. Die WHO wird dies mit einem Sonderbericht zu Klimawandel und Gesundheit weiter vertiefen – mit Empfehlungen zu Politik und Investitionen, um Gesundheit und Gerechtigkeit zu schützen und den Belém-Aktionsplan umzusetzen.

Der Lancet Countdown zu Gesundheit und Klimawandel wurde in Partnerschaft mit Wellcome gegründet, das weiterhin Kernfinanzierung bereitstellt. Er wird von der University College London geleitet, in Partnerschaft mit der WHO sowie 71 akademischen Institutionen und UN-Agenturen weltweit. In seinem neunten Jahr bietet der Bericht die umfassendste Bewertung der gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels und der Co-Benefits dringender Maßnahmen – vor der COP30 in Brasilien.


Zur Medienmitteilung: https://www.who.int/news/item/29-10-2025-climate-inaction-is-claiming-millions-of-lives-every-year--warns-new-lancet-countdown-report

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Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat in Berlin eine umfassende Studie präsentiert, die aufzeigt, dass erhebliche Investitionen und politische Entscheidungen notwendig sind, um die Krankenhäuser krisenresilient zu machen. Beauftragt wurde die Untersuchung vom Institute for Health Care Business (hcb) und dem Deutschen Krankenhausinstitut (DKI). Die veränderte Sicherheitslage in Europa und Deutschland wirkt sich auf alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens aus – auch auf die Krankenhäuser. Begriffe wie Kriegstauglichkeit und Resilienzstärkung sind dadurch wieder verstärkt Teil der öffentlichen Debatte.

Das Gutachten beleuchtet drei zentrale Szenarien: Cyberangriffe und Sabotageakte, den Bündnisfall – also die Verteidigung eines NATO-Mitglieds inklusive Versorgung verletzter Soldaten aus Bündnisstaaten – sowie den Verteidigungsfall, also die direkte Verteidigung Deutschlands und die Versorgung eigener Verwundeter. Im Mittelpunkt der Analyse stehen die Maßnahmen, die Krankenhäuser zur Vorbereitung auf diese Szenarien ergreifen müssten, sowie die damit verbundenen Investitionen und jährlichen Betriebskosten. Untersucht werden bauliche, technische und personelle Resilienzaspekte: Dazu zählen bauliche Anpassungen und der Ausbau geschützter Räume, eine sichere Energieversorgung, IT- und Kommunikationssicherheit, Schutz der Infrastruktur durch Sicherheitsdienste sowie die personelle Vorbereitung durch zusätzliche Schulungen und Fortbildungen, insbesondere für chirurgisches und traumatologisches Personal.

Die Ergebnisse des Gutachtens sind eindrucksvoll: Um die Resilienz der Krankenhäuser gegen Cyberangriffe und Sabotageakte herzustellen, werden rund 2,7 Milliarden Euro benötigt. Im Bündnisfall beläuft sich der Investitionsbedarf auf 4,9 Milliarden Euro, im Verteidigungsfall auf 14 bis 15 Milliarden Euro. Deutlich wird dabei, dass eine kurzfristige Umsetzung nicht möglich ist. Es bedarf einer klaren Priorisierung und eines abgestuften Stufenplans, um bis 2027 wesentliche Fortschritte zu erreichen.

„Unsere Analysen zeigen, dass deutsche Krankenhäuser in ihrer derzeitigen Struktur nur eingeschränkt krisen- und verteidigungsfähig sind“, sagt DKI-Vorstand Dr. Karl Blum. „In fünf zentralen Bereichen – Personal, Cybersicherheit, physische Sicherheit, Lagerhaltung für medizinische Vorräte und Vorbereitung auf biologische, chemische und nukleare Bedrohungen – bestehen erhebliche Schwächen. Aktuelle Krankenhausalarm- und Einsatzpläne decken zwar zivile Katastrophen ab. Es fehlt aber an Konzepten für militärische Bedrohungen mit klaren Zuständigkeiten und ausreichender Finanzierung“, so Blum.

Kurzfristig gilt es in allen Szenarien insbesondere die IT- und Kommunikationssicherheit zu stärken und den direkten Schutz der Krankenhäuser durch Sicherheitsdienste und Objektschutz sicherzustellen. Ebenfalls dringend erforderlich ist die Förderung personeller Resilienz durch gezielte Fortbildungen und die Nutzung geschützter Arbeits- und Behandlungsräume. Langfristig müssen zudem bauliche Konzepte berücksichtigt werden, etwa der Neubau von Krankenhäusern mit geschützten unterirdischen Operationsbereichen, wie sie bereits in Ländern wie Finnland umgesetzt sind. „Allerdings brauchen diese baulichen Maßnahmen viel mehr Zeit zu ihrer Umsetzung. Daher ist auch hier ein Start in naher Zukunft geboten“, so hcb-Geschäftsführer Prof. Boris Augurzky. „Zudem müssen wir das Bauen grundsätzlich deutlich beschleunigen. Ein Aggressor wartet nicht ab, bis wir die Unmenge an Bauvorschriften geprüft haben.“ Augurzky empfiehlt als Vorbild das LNG-Beschleunigungsgesetz.

„Resilienz und Sicherheit müssen zu festen Bestandteilen der Krankenhausplanung werden, die aktuell in allen 16 Bundesländern ansteht. Sie sind ein essentieller und existentieller Teil der nationalen Daseinsvorsorge“, sagt Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der DKG. Diese Investitionen und Maßnahmen dürfen nicht isoliert gesehen werden, sondern müssen als integraler Bestandteil der Krankenhausreform und des damit verbundenen Strukturwandels verstanden werden. Während die Anforderungen an Krankenhäuser kontinuierlich steigen, stehen aktuelle Sparmaßnahmen und Fehlanreize – wie etwa die Streichung der Mehrbegünstigungsklausel oder eine unzureichend durchdachte Vorhaltefinanzierung – im Widerspruch zu der dringend erforderlichen Sicherheitsstrategie. „Wir brauchen Verlässlichkeit und endlich einen gesamtgesellschaftlichen und finanziell hinterlegten Plan zur Stärkung der Krankenhausresilienz. Das unkontrollierte Krankenhaussterben darf nicht weiter befördert werden“, fordert Gaß.


Zur Pressemitteilung: https://www.dkgev.de/dkg/presse/details/krankenhaeuser-muessen-krisentauglich-werden-dkg-fordert-nationale-strategie-zur-staerkung-der-resilienz/

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