Angesichts der demografischen Entwicklung ist die Sozialwirtschaft zunehmend auf Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen. Eine aktuelle Blitzumfrage des Evangelischen Bundesfachverbands für Teilhabe (BeB) und des Deutschen Evangelischen Verbands für Altenarbeit und Pflege e.V. (DEVAP) unterstreicht die zentrale Bedeutung dieser Mitarbeitenden bereits heute: In 44 % der DEVAP-Mitgliedseinrichtungen stammt zwischen 20 % und 50 % des Personals aus dem Ausland. Auch bei 80 % der BeB-Mitglieder liegt der Anteil bei rund 20 %, wobei ein deutlich wachsender Bedarf an internationalem Personal festgestellt wird.

Die Verbände heben hervor, dass Fachkräfte aus dem Ausland bereits heute eine tragende Säule für die soziale Teilhabe und die Langzeitpflege in Deutschland darstellen. Ohne ihren engagierten Einsatz wären zahlreiche Einrichtungen und Dienste nicht mehr in der Lage, ihre Versorgungsaufträge zuverlässig zu erfüllen.

Im Koalitionsvertrag wird betont, dass Deutschland ein einwanderungsfreundliches Land bleiben und die qualifizierte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt weiter gestärkt werden soll. Damit dieses Ziel Realität wird, ist jedoch ein deutlicher Abbau bürokratischer Hürden unerlässlich. Nur durch vereinfachte und beschleunigte Verfahren können die Prozesse praxisnah gestaltet werden, sodass Träger effektiv dabei unterstützt werden, offene Stellen zu besetzen und ausländische Fachkräfte nachhaltig in den Arbeitsmarkt zu integrieren und zu halten.

Die Ergebnisse der Blitzumfrage von BeB und DEVAP machen jedoch deutlich, dass trotz des hohen Bedarfs die Integration von Fachkräften aus dem Ausland auf erhebliche Hindernisse stößt. Zwei Drittel der Träger sehen sich mit massiven Schwierigkeiten konfrontiert – insbesondere die fehlende Anerkennung ausländischer Abschlüsse (71 %), langwierige Verfahren beim Aufenthaltsstatus (63 %) und ein hoher bürokratischer Aufwand (66 %) stellen zentrale Herausforderungen dar. Zudem berichten 76 % der befragten Träger, dass Visa-Prozesse regelmäßig deutlich länger als drei Monate dauern, was die Planbarkeit und Einsatzfähigkeit der angeworbenen Fachkräfte erheblich verzögert.

Die Umfrage verdeutlicht darüber hinaus das starke Engagement der Träger bei der Integration internationaler Fachkräfte. Besonders häufig werden strukturierte Unterstützungsmaßnahmen angeboten: 60 % der Einrichtungen helfen bei Behördengängen, 52 % unterstützen bei der Wohnungssuche und 49 % stellen Sprachkurse bereit. Ergänzend setzen viele Träger auf Orientierungstage, Einführungsseminare sowie Schulungen für bestehende Teams, um ein integratives Arbeitsumfeld zu fördern und die Zusammenarbeit zu erleichtern. 

Wilfried Wesemann, Vorsitzender des DEVAP e.V.: „Die Umfrageergebnisse zeigen deutlich, dass bei den Trägern ein hohes Maß an Engagement für eine gute Integration vorhanden ist. Die strukturierten Integrationsmaßnahmen sind jedoch oft unterfinanziert und es wird dringend Unterstützung von Seiten der zuständigen Stellen für die Anerkennungsverfahren gefordert. Als konkrete Unterstützungsmaßnahmen werden die Schaffung von zentralen Integrationsstellen, die Beschleunigung von Visa- und Anerkennungsverfahren, der systematische Ausbau von Sprachförderung, die Förderung von Austauschplattformen für die Träger sowie die Refinanzierung von Integrationsarbeit genannt.“

Pfarrer Frank Stefan, Vorsitzender des BeB: „Vielfalt gehört längst zum Alltag in vielen Einrichtungen der Eingliederungshilfe und Sozialpsychiatrie. Unsere Mitglieder beschäftigen bereits seit Jahren Mitarbeitende mit internationalen Biografien und gestalten Integration mit viel Engagement- oft unter schwierigen Bedingungen. Gerade in der Eingliederungshilfe brauchen wir endlich passgenaue Lösungen: Der Beruf der Heilerziehungspflege ist international kaum bekannt, so dass Lösungen für Quereinsteiger notwendig sind. Wir fordern daher modulare und praxisnahe Anerkennungsverfahren, zielgerichtete Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote sowie eine bundesweite Anlaufstelle, die auf die besonderen Anforderungen der Eingliederungshilfe zugeschnitten ist. Wenn Integration gelingen soll, müssen die politischen Rahmenbedingungen die Realität vor Ort abbilden – nicht umgekehrt.“

Die beiden Verbände begrüßen ausdrücklich die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Maßnahmen zur Fachkräfteeinwanderung, darunter die Einrichtung einer digitalen „Work-and-Stay-Agentur“, die Vereinheitlichung der Anerkennungsverfahren mit einer verbindlichen Frist von acht Wochen sowie den dauerhaften Ausbau von Berufssprachkursen. Sie bieten ihre fachliche Expertise an, um diese Vorhaben praxisnah und zügig mitzugestalten und so die Integration internationaler Fachkräfte nachhaltig zu verbessern.

Hintergrundinformationen:
Der evangelische Bundesfachverband für Teilhabe (BeB) und der Deutsche Evangelische Verband für Altenarbeit und Pflege e.V. (DEVAP) führten im April 2025 (13.03. bis 04.04.2025) eine Blitzumfrage zum Thema Vielfalt und Integration in der Diakonie durch, um ein genaueres Bild davon zu erhalten, wie vielfältig die Mitgliedsorganisationen bereits aufgestellt sind und welche Herausforderungen sowie Erfolgsgeschichten es gibt. Insgesamt 191 Träger haben sich an der Umfrage beteiligt; davon 96 DEVAP-Mitglieder und 95 BeB- Mitglieder. Aus allen Bundesländern liegen Rückmeldungen vor. Nordrhein-Westfalen (30 %), Niedersachsen (12 %) und Bayern (13 %) sind besonders stark vertreten. Europa bleibt Hauptherkunftsregion (80 %), gefolgt von Afrika und Asien.


Zur Pressemitteilung: https://www.devap.de/fileadmin/Mediathek/02_Unsere_Positionen/pdf/25-06-24_BeB-DEVAP-PM_Umfrage_zum_Thema_Integration_zeigt_hohes_Engagement_der_Traeger_trotz_unzureichender_Rahmenbedingungen.pdf

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Psychotherapeutische Berufsverbände richten einen klaren Appell an das Bundesgesundheitsministerium: „Das Erstzugangsrecht zur Psychotherapie ist für uns Psychotherapeut*innen und für unsere Patient*innen nicht verhandelbar!“  Das direkte Erstzugangsrecht zur Psychotherapie muss auch in einem künftig geplanten Primärarztsystem uneingeschränkt erhalten bleiben. Menschen mit psychischen Erkrankungen benötigen weiterhin einen niedrigschwelligen und zeitnahen Zugang zur psychotherapeutischen Sprechstunde – ohne zusätzliche Hürden oder Umwege. Die Forderung wird von Verbänden getragen, die gemeinsam über 50.000 psychotherapeutisch tätige Fachpersonen vertreten, darunter ärztliche und psychologische Psychotherapeut/innen, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/innen sowie Psychotherapeut*innen in Ausbildung und Weiterbildung.

Der Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten (bvvp), die Deutsche Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie (DGPT), die Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DGVT), die Deutsche PsychotherapeutenVereinigung (DPtV) sowie die Vereinigung für analytische und tiefenpsychologisch fundierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie (VAKJP) unterstreichen gemeinsam: Die bestehende Steuerung über die Psychotherapeutische Sprechstunde hat sich in der Versorgung bewährt und funktioniert bereits.

Die Verbände verweisen dabei auch auf die jüngste Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), auf der sie sich klar positioniert haben. Im aktuellen Positionspapier der KBV wird diese Haltung gestützt – es fordert ausdrücklich eine Ausnahmeregelung für Psychotherapeut*innen im Rahmen des geplanten Primärarztsystems.

Jetzt komme es darauf an, diese Position in den anstehenden politischen Verhandlungen zu sichern. Ziel ist es, die Abgeordneten der neuen Legislaturperiode im Bundestag davon zu überzeugen, das Erstzugangsrecht zur Psychotherapie dauerhaft abzusichern.

Neue bürokratische Hürden für Patient*innen

Tausende Patient*innen nehmen täglich den Mut auf, sich mit ihren psychischen Belastungen an eine psychotherapeutische Praxis zu wenden. Dieser Schritt erfordert oftmals die Überwindung großer innerer Hürden – und setzt Vertrauen in eine direkte, unbürokratische Hilfe voraus.

Vor diesem Hintergrund warnen psychotherapeutische Verbände eindringlich vor einer geplanten primärärztlichen Steuerung im Gesundheitswesen: Sie würde für psychisch erkrankte Menschen eine zusätzliche Hürde schaffen. Statt sich direkt an einen Psychotherapeutin wenden zu können, müssten Patient*innen zunächst eine Überweisung einholen – und dabei ihre persönlichen Probleme bereits im hausärztlichen Kontext offenlegen.

Dieser Schritt birgt nicht nur die Gefahr von Verzögerungen in der Behandlung, sondern konterkariert auch das zentrale Prinzip des niedrigschwelligen Zugangs zur Psychotherapie. Dieser Zugang ist aktuell gesetzlich verankert und hat sich in der Praxis bewährt. Jede Einschränkung wäre ein klarer Rückschritt – und eine reale Verschlechterung der Versorgung psychisch erkrankter Menschen.

Die psychotherapeutischen Verbände fordern daher: Der direkte Zugang zur Psychotherapie muss unangetastet bleiben.

Steuerung durch Hausarztpraxen fraglich

Psychotherapeutinnen übernehmen häufig die erste und wichtigste Ansprechperson bei psychischen Beschwerden. Es ist jedoch unsicher, ob die rund zwei Millionen Neupatientinnen jährlich in Hausarztpraxen zeitnah eine Überweisung erhalten können. Aktuell sind bereits mehr als 5.000 Vertragsarztsitze für Hausärzt*innen unbesetzt, vor allem in ländlichen Regionen.

Parallelbehandlung in Psychotherapie nicht möglich

Die hausärztliche Steuerung soll laut Koalitionsvertrag helfen, Doppeluntersuchungen und parallele Facharztbehandlungen zu vermeiden und so vorhandene Versorgungsressourcen effizient zu nutzen. In der Psychotherapie ist eine solche Parallelbehandlung jedoch ausgeschlossen: Jede Therapie ist genehmigungspflichtig, sodass Patient*innen stets nur eine laufende Behandlung beanspruchen können. Bei Langzeittherapien erfolgt zusätzlich eine externe Begutachtung, die die Notwendigkeit einer Fortsetzung prüft. Damit stellen das Antrags- und Genehmigungsverfahren durch die Krankenkassen sowie das Gutachterverfahren bereits sicher, dass Therapien wirtschaftlich und zweckmäßig eingesetzt werden.

Patient*innen werden schon durch Sprechstunde gesteuert

Die Steuerung erfüllt zudem eine inhaltliche Aufgabe: Sie soll sicherstellen, dass die „richtigen“ Störungen und Patientinnen behandelt werden. Seit 2017 klären Psychotherapeutinnen in der Psychotherapeutischen Sprechstunde, ob eine Therapie erforderlich ist und wie das weitere Vorgehen aussehen sollte. Dieses Angebot ermöglicht einen niedrigschwelligen und kurzfristigen Zugang zur Psychotherapie. Eine Evaluation des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zeigte, dass 40 Prozent der Patientinnen nach der Sprechstunde innerhalb eines Jahres keine weiteren psychotherapeutischen Leistungen in Anspruch nehmen. Die übrigen Patientinnen erhalten teils zeitnah einen Therapieplatz in derselben Praxis, müssen jedoch teilweise auch warten. Damit funktioniert die Steuerung in den psychotherapeutischen Praxen effektiv.


Zur Pressemitteilung: https://www.dptv.de/aktuelles/meldung/erstzugangsrecht-zu-psychotherapie-ist-nicht-verhandelbar/

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Zur Rede der neuen Gesundheitsministerin Nina Warken und der Vorstellung ihres Programms im Bundestag am 15.05.2025 erklärt der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) Dr. Gerald Gaß:

„Die neue Bundesgesundheitsministerin hat mit der Vorstellung ihres Programms verdeutlicht, dass es ihr in den kommenden Jahren um sachorientierte Gesundheitspolitik und die Sicherung der Versorgung geht. Die Krankenhäuser begrüßen insbesondere, dass sich Ministerin Warken die Reform der Krankenhausreform und die finanzielle Unterstützung der Kliniken ganz oben auf die Agenda gesetzt hat. Hier darf sie keine weitere Zeit verlieren, denn die Krankenhäuser brauchen schnell Planungssicherheit und wirtschaftliche Stabilität. Wesentlich für die Krankenhäuser sind deshalb der sofortige nachträgliche Inflationsausgleich und zahlreiche Korrekturen an der Reform. Dazu zählen Möglichkeiten der Länder, zur Versorgungssicherung in ländlichen Regionen Ausnahmeregelungen zu beschließen, die Korrektur der untauglichen Vorhaltefinanzierung und vor allem eine konsequente Entbürokratisierung verbunden mit dem Aufbau einer Vertrauenskultur. Ohne Korrekturen würde die Krankenhausreform die ohnehin außer Kontrolle geratene Bürokratie in den Kliniken noch weiter verschärfen. Für die neue Gesundheitsministerin muss deshalb ein kompromissloser Bürokratieabbau auch bei der Reform der Krankenhausreform konsequent umgesetzt werden.

Unabhängig von der Agenda gesundheitspolitischer Reformen hat die Ministerin betont, dass sie ihre politischen Ziele gemeinsam mit der Selbstverwaltung des Gesundheitswesens erreichen möchte. Auf einen solchen eigentlich selbstverständlichen Politikstil des Miteinanders haben wir mehr als drei Jahre warten müssen. Es ist gut, dass mit Ministerin Warken das partnerschaftliche Denken und das respektvolle Miteinander wieder ins Bundesgesundheitsministerium zurückkehrt. Die DKG wird in der laufenden Legislaturperiode ein konstruktiver Partner der Politik sein. Wir werden notwendige Strukturanpassungen auch im Krankenhausbereich mit eigenen konstruktiven Vorschlägen unterstützen. Wir wollen einen Beitrag leisten, um die Ziele einer qualitätsvollen und flächendeckenden Gesundheitsversorgung zu erreichen.“


Zur Pressemitteilung: https://www.dkgev.de/dkg/presse/details/reform-der-reform-und-wirtschaftliche-stabilisierung-gesundheitsministerin-warken-setzt-richtige-schwerpunkte/ 

Foto: Nina Warken in Berlin © 2024 Tobias Koch