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Astrid Libuda-Köster

Geschlechtsspezifische Teilhabe

Projekt Verlag Bochum/Freiburg, 79 Seiten, 12,80€, ISBN 978-3-89733-537-0 

Astrid Libuda-Köster widmet sich in ihrem 2021 erschienenen Band Geschlechtsspezifische Teilhabe der Frage, wie sich gesellschaftliche Teilhabe unter den Bedingungen von Geschlecht und Behinderung gestaltet. Ihr zentrales Anliegen ist es, die Überschneidung dieser beiden Kategorien sichtbar zu machen und aufzuzeigen, wie sie Handlungsspielräume in verschiedenen Lebensphasen prägen.

Inhalt und Ansatz

Als theoretisches Fundament dient der Lebenslagenansatz, der vor allem in den Sozialwissenschaften etabliert ist. Dieser Ansatz ermöglicht es, die Teilhabe von Menschen mit unterschiedlichen sozialen Merkmalen systematisch zu erfassen und miteinander zu vergleichen. Libuda-Köster greift dabei sowohl auf theoretische Reflexionen als auch auf empirische Daten zurück (unter anderem aus dem Mikrozensus), um Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Frauen und Männern mit und ohne Behinderung herauszuarbeiten.

Im Zentrum ihrer Argumentation steht die ökonomische Dimension von Teilhabe. Erwerbsarbeit, Einkommen und finanzielle Sicherheit wirken sich unmittelbar auf andere Teilhabebereiche – etwa Bildung, Freizeitgestaltung, politische Beteiligung oder kulturelle Aktivitäten – aus. Besonders bei Frauen zeigt sich, dass durch Diskontinuitäten in Erwerbsbiographien (z. B. aufgrund von Familienarbeit oder eingeschränkter Arbeitsmarktchancen) Handlungsspielräume häufig kleiner sind. Diese Situation verschärft sich, wenn zusätzlich eine Behinderung vorliegt.

Ergebnisse und Befunde

Libuda-Köster verdeutlicht, dass die reine Betrachtung von „Frauen“ oder „Menschen mit Behinderung“ jeweils für sich genommen zu kurz greift. Erst im Zusammenwirken von Geschlecht und Behinderung wird deutlich, wie vielschichtig Benachteiligungen entstehen können. Damit weist sie auf die Notwendigkeit einer intersektionalen Perspektive hin, die Überschneidungen verschiedener Kategorien der Ungleichheit berücksichtigt.

Sie zeigt außerdem, dass strukturelle Faktoren – etwa Arbeitsmarktbedingungen, soziale Sicherungssysteme oder gesellschaftliche Rollenerwartungen – maßgeblich darüber entscheiden, in welchem Umfang Teilhabe möglich ist. Der Band liefert so nicht nur eine Bestandsaufnahme, sondern auch eine Sensibilisierung für politische und gesellschaftliche Handlungsbedarfe.

Bewertung

Das Werk ist mit knapp 80 Seiten relativ kompakt, vermittelt jedoch eine klare und gut nachvollziehbare Darstellung der Thematik. 

Durch den engen Fokus bleibt allerdings wenig Raum für eine breitere Ausarbeitung weiterer Lebensbereiche (z. B. Gesundheit, politische Partizipation oder Kultur). Auch qualitative Perspektiven, etwa aus Interviews oder biografischen Studien, kommen nicht zum Tragen. Dennoch bietet der Band eine fundierte Einführung und eignet sich sowohl für Studierende als auch für Praktiker*innen in Politik und Sozialer Arbeit, die einen kompakten Überblick suchen.

Fazit

Geschlechtsspezifische Teilhabe liefert einen wichtigen Beitrag zur Diskussion um Gleichstellung und Inklusion. Es verdeutlicht, dass gesellschaftliche Teilhabe nicht isoliert nach Geschlecht oder nach Behinderung untersucht werden darf, sondern dass sich beide Kategorien wechselseitig beeinflussen und Ungleichheiten verstärken können. Damit eröffnet die Autorin Denkanstöße für Forschung und Praxis und macht zugleich deutlich, dass Gleichstellungspolitik immer auch intersektional gedacht werden muss.

Eine Rezension von Karl Schmidt

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